Lokales Starkregen-Hochwasser-Vorhersage-Warnsystem
09.06.2022
Flussschlauchgenerator 2.1 veröffentlicht
09.06.2022

Interaktive Simulationssysteme – Einsatz für Analyse, Ausbildung und Training

Die Verwendung von Trainingssimulatoren ist in vielen technischen Bereichen ein integraler Bestandteil der Ausbildung, aber auch der Analyse. Das wohl bekannteste Beispiel sind Flugsimulatoren, doch interaktiveTrainingssimulatoren bieten weit darüberhinausgehende Möglichkeiten.

In der Wasserwirtschaft konzentriert sich die Verwendung von Trainingssimulatoren bisher auf die Schulung des Wartenpersonals von Wasserkraftwerken oder Kraftwerksketten. Entsprechende Systeme für Kraftwerke sind z. B. an Rhein, Aare und Donau seit annähernd 20 Jahren erfolgreich in Betrieb.

Mit unserem neuen Schwerpunkt „Interaktive Simulationssysteme“ stellen wir die Möglichkeiten und Perspektiven in den Vordergrund, die sich durch diese Systeme ergeben. Dabei verbinden die umfassenden Erfahrungen in der Entwicklung und Verwendung von numerischen Modellen mit der Implementierung von operationellen und interaktiven Simulationssystemen.

Trainingssimulatoren – Einsatz für Kraftwerke am unteren Neckar

Als Betreiber von annähernd 40 Wasserkraftwerken am Neckar und seinen Zubringern steht die EnBW AG – ähnlich wie alle anderen Energieerzeuger – vor mehreren spezifischen Herausforderungen. Bedingt durch die Altersstruktur der Belegschaft wird es in den nächsten Jahren zu einem signifikanten Wechsel bei jenen Mitarbeiter*innen kommen, die in der Warte für die Bedienung der Kraftwerke und damit für die Steuerung der Anlagen – Stichwort „Wasser fahren“ – zuständig sind.

Interaktive Simulationssysteme

Als Betreiber von annähernd 40 Wasserkraftwerken am Neckar und seinen Zubringern steht die EnBW AG – ähnlich wie alle anderen Energieerzeuger – vor mehreren spezifischen Herausforderungen. Bedingt durch die Altersstruktur der Belegschaft wird es in den nächsten Jahren zu einem signifikanten Wechsel bei jenen Mitarbeiter*innen kommen, die in der Warte für die Bedienung der Kraftwerke und damit für die Steuerung der Anlagen – Stichwort „Wasser fahren“ – zuständig sind.

Gleichzeitig ergeben sich durch die engen und dynamischen Bedingungen am Energiemarkt sowie durch Fragestellungen im Kontext von möglichen Störfällen (z. B. Netzstörungen) neue Anforderungen in puncto Flexibilität und Sicherheit. Die EnBW AG setzt vor diesem Hintergrund ein von GR-Consult entwickeltes Simulations- und Trainingssystem ein. Es bildet den etwa 55 km langen Abschnitt des Neckars von Guttenbach bis Schwabenheim mit sieben Kraftwerken und sechs Schleusenanlagen ab.

Bei der Umsetzung stand im Vordergrund, ein intuitiv anwendbares System zu entwickeln, anhand dessen sich die Anwender*innen mit den hydraulischen Zusammenhängen am Fluss und an den Bauwerken auf einfache Weise vertraut machen können.

Das Trainingssystem wurde für handelsübliche Computer mit nur einem Bildschirm konzipiert. Damit ist es flexibel und breit einsetzbar.

Trennung von Simulation und User-Interface – gekoppelte Modelle als numerische Kernkomponenten

Ein zentraler Aspekt bei der Entwicklung unserer Systeme ist die Trennung von Simulation und User-Interface: Die Simulation basiert immer auf einer detaillierten hydrodynamischen Berechnung, wobei wir1D- und 2D-Modelle verwenden und koppeln. Aktuell haben Hydrotec und GR-Consult eine Schnittstelle für die Kopplung von FLORIS (1D) und HYDRO_AS-2D (2D) entwickelt. (siehe Whitepaper „Koppelung von HYDRO_ AS-2D und FLORIS in einem interaktiven Simulationssystem“).

Auf diese Weise können wir leicht und effektiv auf bestehende numerische Modelle aufbauen und deren Nutzen erweitern. Bei den User-Interfaces gibt es unterschiedlichste Ansätze: Wenn das Trainieren mit allen Optionen des realen Leitstandes im Vordergrund steht, bietet sich an, eine Kopie (Clone) des SCADA-Systems zu verwenden.

Für das Neckar-System wurde gezielt ein User-Interface erstellt, das sich optisch an das reale Leitsystem anlehnt. Im Sinne der Nutzung auf beliebigen Rechnern wurden die Anzeigen und die Bedienelemente aber vereinfacht und in einer Bildschirmansicht zusammengefasst.

Interaktive Simulationssysteme
Die Wasserstände, Wehrhöhen und Durchflüsse der sieben Wasserkraftwerke am Neckar werden modelliert und im Trainingssystem in Echtzeit dargestellt.
Interaktive Simulationssysteme

Darüber hinaus lassen sich mit entsprechenden Schnittstellen auch Hardware-Komponenten einbinden, sodass selbst die Notsteuerung eines Wehrverschlusses in das Trainingssystem integrierbar ist.

Interaktion für Analyse und Entscheidungsunterstützung

„Was wäre, wenn …“ ist immer wieder eine zentrale Frage bei der wasserwirtschaftlichen Planung, aber insbesondere bei der spontanen Entscheidungsfindung. Entsprechend finden wir in operationellen Prognosesystemen oft sogenannte „What-if-Szenarien“, die ein effizientes Analysieren von Variationen unterstützen.

Interaktive Simulationssysteme bieten noch deutlich darüber hinausgehende Möglichkeiten, um Anwender*innen und Entscheidungsverantwortliche zu unterstützen. So lässt sich z. B. bei der Niederschlags-/Abflussmodellierung ein Niederschlagsfeld interaktiv verschieben, um die daraus resultierenden Änderungen im Abfluss direkt zu erfahren.

Weitere Option: Ein Szenarium, das keine relevanten Erkenntnisse liefert, lässt sich unterbrechen. Das interaktive System erlaubt auch das „Zurückspulen“. Nachdem Parameter und  Ereignisse geändert wurden, kann die Simulation weiter fortgesetzt werden.

Zusätzliche Informationen – tieferes Verständnis – bessere Entscheidungen

Die Verwendung von interaktiven Simulationssystemen hilft, Zusammenhänge besser und schneller zu verstehen und zu vermitteln: Damit ergibt sich ein breiter Anwendungsbereich, der von Ausbildung und Training über die Entscheidungsunterstützung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit reicht.

Zentraler Aspekt ist es, für den Aufbau der interaktiven Systeme möglichst bestehende Modelle zu verwenden und bewährte Programme und Komponenten einzusetzen.

Die effiziente und nachhaltige Erweiterung der vorhandenen Strukturen ermöglicht es, mit zusätzlich erzeugten Informationen ein tieferes Prozessverständnis zu schaffen und – in letzter Konsequenz – bessere Entscheidungen zu treffen.

DI Günther Reichel, GR-Consult;
Dr.-Ing. Oliver Buchholz, Dipl.-Math. Benedikt Rothe, Hydrotec