Hochwassergefahrenflächen aus HYDRO_AS-2D
30.05.2014Umsetzung der EG-HWRM-RL in Bayern
30.05.2014„Fluss“-Hochwasserrisiko versus Überflutungsrisiko im Einzugsgebiet des Mirker Bachs
Der Mirker Bach wurde nach der vorläufigen Bewertung des Landes NRW als Risikogewässer im Sinne der EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) eingestuft. Zur Umsetzung der Richtlinie erhielt Hydrotec von der Bezirksregierung Düsseldorf den Auftrag, Risiko- und Gefahrenkarten für das Gewässer zu erstellen. Parallel dazu erarbeitete Hydrotec bereits für den Wupperverband hydraulische und hydrologische Untersuchungen zum Überflutungsrisiko für das Einzugsgebiet. Das eröffnete die Möglichkeit, die auftretenden Hochwassertypen integriert zu untersuchen, da Daten, Modelle und Ergebnisse beider Projekte gemeinsam genutzt werden konnten. Der Wupperverband entwickelte hierzu mit der Arbeitsgruppe aus Bezirksregierung, Hydrotec und Hydro & Meteo ein Konzept, welches anschließend gemeinsam umgesetzt wurde.
Überflutungen können verschiedene Ursachen haben:
- zu geringe Leistungsfähigkeit eines Fluss- oder Bachbettes,
- Überlastung einer Gewässerverrohrung,
- Oberflächenabflüsse, die nach einem Starkregen auftreten,
- Überlastung der Kanalisation.
Wenn der Mirker Bach über seine Ufer tritt, vermischen sich diese Ursachen häufig miteinander. Der urban geprägte Mittelgebirgsbach im Einzugsgebiet der Wupper besitzt steile Hänge, an denen sich bei Starkregen schnell Hangwasser bildet. Der Versiegelungsgrad liegt bei ca. 30 %. Der ca. 6 km lange Bach verläuft durch mehrere z. T. lange Verrohrungen, die – vor allem an den Einläufen – das Hochwasserrisiko erhöhen. Durch die Anschlüsse des Regenwassernetzes an die Gewässerverrohrungen kommt es auch im Kanalnetz häufig zu Rückstau und zu Wasseraustritt auf die Straße.
Diese Situation wirft gewässerwirtschaftliche und rechtliche Fragen nach der Hochwasserentstehung und dem relevanten Schutzziel auf.
Integrierte Betrachtung aller Hochwasserrisiken
Ein Modell allein ist nicht in der Lage, das Hochwasserverhalten des komplexen Gesamtsystems abzubilden. Deshalb haben wir für die erforderlichen hydrologischen und hydraulischen Berechnungen vier Modelle genutzt und z. T. miteinander gekoppelt:
- NASIM: detailliertes hydrologisches Gebietsmodell,
- Mouse: hydrodynamisches Kanalnetzmodell,
- Jabron: 1D-hydraulisches Modell,
- HYDRO_AS-2D: 2D-hydrodynamisches Modell.
Damit konnten die Ausuferungen des Gewässers, die Überlastungen in den Verrohrungen und im Kanalnetz und auch die im gesamten Einzugsgebiet flächig auftretenden Oberflächenabflüsse simuliert werden. Durch die erstmalige Verwendung von Radardaten zur Langzeitsimulation wurde hier ein hoher Detaillierungsgrad erreicht.
Um die Ausbreitung des Wassers bei Starkregen auf der Oberfläche realitätsnah abzubilden, wurden hochaufgelöste Laserscandaten der Geländeoberfläche aufbereitet.
Diese bildeten die Grundlage des 2D-Modells, mit dem eine instationäre Berechnung der Abflusssituation auf der Oberfläche – außerhalb der Gewässerläufe – möglich ist. Die Ergebnisse wurden zur Verifizierung mit Berichten der Feuerwehr von Einsätzen bei Unwetterereignissen verglichen. Die beschriebenen Erfahrungen und Einsatzorte bestätigten eindrucksvoll die mit dem im 2D-Modell ermittelten Fließwege auf der Oberfläche.
Maßgebliche Überschwemmungsflächen
Die maßgeblichen Überschwemmungsflächen wurden anschließend mithilfe der folgenden Modelle und Modellkombinationen ermittelt:
- 1D-Modell Jabron: Wasserspiegellagen im offen fließenden Mirker Bach oberhalb km 2,700,
- Mouse: Abfluss in den Verrohrungen, Übergabe des Anfangswasserstandes am Einlauf der Verrohrungen an Jabron, Übergabe der aus den Schächten austretenden Wassermengen an HYDRO_AS-2D,
- HYDRO_AS-2D: Abfluss im Gesamtgelände ab km 2,700 bis zur Mündung in die Wupper.
Das Volumen des Kanalnetzes spielt bei den betrachteten seltenen Ereignissen von Tn=100 Jahren und seltener keine Rolle (überschläglich ermittelt). Es wurde daher bei diesen Modellberechnungen nicht berücksichtigt.
Welche Gebiete sind durch Oberflächenabfluss gefährdet?
Als weitere Abflusskomponente wurde nun der direkte Oberflächenabfluss in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Das 2D-Modell wurde dazu neben den Abflussganglinien aus dem Gewässer und den Schachtbauwerken mit direktem Oberflächenabfluss belastet. Dies stellt eine Extremsituation dar, die nur bei seltenen Ereignissen eintreten wird. Dieses Verfahren liefert jedoch eine gute Übersicht über potenziell gefährdete Bereiche im Stadtgebiet.
Der Wupperverband hat diese detaillierten und umfangreichen Untersuchungen mit dem Ziel durchführen lassen, die Gesamtheit des Überflutungsrisikos im Einzugsgebiet des Mirker Bachs zur Verfügung zu stellen. Erste Vorschläge für eine kartografische Darstellung wurden erarbeitet und diskutiert. In einem Projekt des HKC (Hochwasser Kompetenz Centrum e. V.) soll gemeinsam die Integration in ein umfassendes Hochwasserrisikomanagement erarbeitet werden.
Dipl.-Ing. Heike Schröder, Dipl.-Ing. Tilman Surkemper