Das extreme Hochwasser vom Juli 2021 verursachte im Einzugsgebiet der Erft immense Schäden. Besonders die Städte Münstereifel und Euskirchen waren betroffen. Die schockierenden Bilder der erodierten Kiesgrube bei Blessem gingen um die Welt.
Gleichzeitig mit dem Wiederaufbau spielt die Aufarbeitung des Ereignisses aus wasserwirtschaftlicher Sicht eine wichtige Rolle. Hydrologische und hydronumerische Modelle unterstützen diesen Prozess, indem sie das Hochwasserereignis aus vorhandenen Daten rekonstruieren und eine statistische Einordnung des Geschehens ermöglichen.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen einen wasserwirtschaftlich angepassten Wiederaufbau, um zukünftig wirkungsvolle Maßnahmen zum Hochwasserrisikomanagement zu entwickeln.
Hydrotec hat mit HYDRO_AS-2D im Auftrag der Bezirksregierung Köln aktualisierte hydronumerische Modelle des Erft-Einzugsgebiets erarbeitet (Modellierung Extremhochwasser Erft). In Zusammenarbeit mit dem Erftverband wurden damit die Pegelschlüsselkurven Erft für den Extrembereich erweitert.
Niederschlagsverlauf, -verteilung und -mengen vom 14. und 15. Juli 2021 im Erft-Einzugsgebiet sind aufgrund eines dichten Niederschlagsmessnetzes und der Verfügbarkeit von Radardaten gut nachvollziehbar.
Schwieriger ist die Rekonstruktion der aufgetretenen Abflüsse. Einige Pegelanlagen wurden während des Hochwassers beschädigt, sodass die Messreihen lückenhaft sind. Die Wasserstandsdaten von intakt gebliebenen Pegeln lassen sich aufgrund der extremen Ausprägung des Ereignisses mit hoher Unsicherheit zur Ableitung eines Durchflusses verwenden.
Die Aufzeichnungen lagen vielfach deutlich über den bislang für ein Extremereignis angenommenen Wasserständen. Zusätzlich kam es während des Hochwassers zu veränderten Fließwegen (Umläufigkeiten) und erheblichen Änderungen der Fließquerschnitte durch Erosions- und Sedimentationsprozesse.
Dadurch sind die gemessenen Wasserstände schwer zu interpretieren und in Abflüsse zu übertragen.
Das Hochwasserereignis wurde anhand verschiedener Informationen bzw. Methoden rekonstruiert:
Das 2D-Modell der Erft lag bereits aus der Erarbeitung der Hochwassergefahrenkarten vor, sodass es für die Aufgabe – Modellierung Extremhochwasser Erft Juli 2021 – mit nur wenigen Anpassungen verwendet werden konnte.
Mit dem Modell wurden die Abflusskurven im Extrapolationsbereich überprüft (Pegelschlüsselkurven Erft) und ergänzt sowie modellweit die aufgemessenen Wasserspiegellagen einem Abfluss zugeordnet.
Der bisherige hydrologische Längsschnitt der Erft basiert auf einer Niederschlag-Abfluss-Modellierung. Die 2D-Modellierung der Erft bietet die Möglichkeit, den vorhandenen hydrologischen Längsschnitt zu überprüfen.
Dazu wurden im 2D-Modell an den Pegeln der Hochwasserscheitelabfluss des Juli-Hochwassers ermittelt und für eine Hochwasserstatistik herangezogen:
Die statistische Auswertung der Pegeldaten und die Rekonstruktion des extremen Hochwasserereignisses anhand eines detaillierten 2D-Modells liefert wichtige Grundlagendaten für das zukünftige Hochwasserrisikomanagement.
Die Aktualisierung von Pegelschlüsselkurven Erft, hydrologischen Längsschnitten und Hochwassergefahrenkarten ist als essenzieller Schritte zur Anpassung an den Klimawandel anzusehen – ebenso wie die Planung von Bauwerken und Objektschutzmaßnahmen.
Das Projekt wurde mit einem Vortrag beim Tag der Hydrologie 2022 in München vorgestellt.
Prof. Dr.-Ing. Alpaslan Yörük, Dipl.-Ing. Rainer Räder