Hydrothemen Nr. 36 / Juni 2019
11.06.2019TimeView 2.7 mit neuen Statistik-Funktionen
11.06.2019Schmutzfrachtberechnung und stofflicher Nachweis nach BWK M3 in einem Modell integriert
Hydromorphologische Verbesserungen allein führen nicht zum guten ökologischen Zustand der Gewässer, solange die Wasser- und Sedimentqualität nicht zufriedenstellend ist. Zusätzlich sind die Stoffbelastungen und der Eintrag von Feinpartikeln zu reduzieren. Ein Großteil der Stoffe und Feinpartikel gelangt durch Misch- und Regenwassereinleitungen in die Gewässer.
Zum Schutz von besonders empfindlichen Gewässern wie z. B. Lachslaichgewässern hat das Land NRW spezielle Vorgaben gemäß Merkblatt BWK M3 zur Genehmigung von Einleitungen festgelegt. Entwässerungssysteme und ihre Rückhaltebauwerke sind so zu gestalten, dass bestimmte Grenzwerte für die Konzentrationen von Ammoniak, abfiltrierbaren Stoffen (AfS) und dem Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB5) nicht überschritten werden.
Für den Einleitungsnachweis ist es erforderlich, die Hydrologie, maßgebliche hydraulische Prozesse, den Stofftransport und die stoffliche Umsetzung im Gewässer unter Berücksichtigung der geplanten Einleitungen im wasserwirtschaftlichen Modell zu simulieren und die Einhaltung der Grenzwerte zu dokumentieren.
Eine Methodik unter Verwendung von NASIM und SOBEK wurde 2014 von Hydrotec vorgestellt (s. Hydrothemen 26, Mai 2014). Sie ist jedoch zu aufwendig, um sie standardmäßig für Einleitungsnachweise einzusetzen. Daraus entstand die Herausforderung, eine vollständig in NASIM integrierte Lösung zu entwickeln.
Alle Prozesse in NASIM modellierbar
NASIM wird mit den nächsten Versionen schrittweise erweitert, sodass alle für einen Einleitungsnachweis zu betrachtenden Prozesse vollständig mit dem N-A-Modell modelliert werden können. Dadurch entfallen Datenübergaben zwischen verschiedenen Modellen und auch Langzeitsimulationen sind sehr performant durchführbar. NASIM wird damit die einzige N-A-Simulationssoftware sein, mit dem Anwender Einleitungsnachweise für Lachslaichgewässer „in einem Guss erstellen“ können.
Die zu integrierenden Prozesse sind:
- Abflussbildung (NASIM 4.7)
- Stofftransport (NASIM 4.7)
- Stoffumsetzung (geplant für NASIM 4.8)
- Absetzprozesse in Speichern (NASIM 4.7)
- Absetzprozesse in Teilgebieten und Kanälen (NASIM 4.x)
Bei der Konzeption und der Umsetzung der Softwareentwicklung wurde das Merkblatt BWK M3 „Ableitung von immissionsorientierten Anforderungen an Misch- und Niederschlagswassereinleitungen unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse“ als wesentliche fachliche Grundlage verwendet.
NASIM verfügt seit Version 4.5 über einen hydrodynamischen Rechenkern, der es ermöglicht, Teilbereiche des Modells 1D-hydraulisch zu berechnen (s. Hydrothemen 32, Mai 2017). Die oben genannten Prozesse werden unabhängig vom gewählten Berechnungsansatz verfügbar sein.
Hydrodynamische Stofftransportberechnung
Die Stofftransportberechnung wurde nach Anforderungen des Niersverbands, des Wupperverbands und des Wasserverbands Eifel-Rur in den hydrodynamischen Rechenkern integriert. Sie ist der hydrodynamischen Abflussbestimmung nachgeschaltet und wird für jeden hydrodynamischen Bereich analog zur Abflussbestimmung separat durchgeführt.
Innerhalb eines NASIM-Zeitschritts laufen die folgenden Schritte ab:
- Auswertung der Quellterme und Stoffeinträge zum Anfangszeitpunkt des NASIM-Zeitschritts
- Bestimmung der Parameter für die Stoffberechnung,die aus der Abflusssituation resultieren (gemittelte Geschwindigkeiten, ggf. Absetzraten)
- Bestimmung der internen Zeitschrittweite und der Anzahl der Schritte
- Stofftransport mit den Prozessen Advektion, Diffusion und ggf. Absetzen der Stoffe oder Spülstoß in Speicherelementen
Absetzprozesse und Spülstoß für hydrodynamisch berechnete Speicher
Anwender können in der Schmutzfrachtsimulation für hydrodynamisch berechnete Speicher in NASIM die Modellierung der Absetzung der Stoffe aktivieren.
Dadurch wird ein zusätzlicher Berechnungsschritt durchgeführt, der die Ablagerung der Stoffe am Boden des Speichers bzw. den Spülstoß darstellt. Die Absetzrate (sabsetz) berechnet sich aus der im Wasser befindlichen Stoffmenge (swasser), der Absinkgeschwindigkeit (vsink) und der Wassertiefe h im Speicher und wird für jeden NASIM-Zeitschritt neu
bestimmt.
Die Absetzrate wird für jeden Speicher separat berechnet, gilt aber innerhalb eines Speichers für jeden Stoff. Solange das Speichervolumen größer als ein vorgegebener Schwellwert ist, findet das Absetzen der Stoffe durch die Gleichung statt. Der abgesetzte Anteil der Stoffe wird zum jeweiligen Schlammspeicher hinzugefügt, was bedeutet, dass er nicht mehr im Wasser gelöst ist. Damit wird dieser Stoffanteil in den folgenden Berechnungsschritten nicht mehr transportiert.
Nächster Schritt: Modellierung der Stoffumsetzung
Mit der Integration der Stoffabbau- und Umsetzungsprozesse in NASIM wird der komplette Nachweis nach BWK M3 für Einleitungen in Lachslaichgewässer in einem Modell durchführbar sein.
Abgeleitete Größen wie der pH-Wert und die Ammoniak-Konzentration sind künftig einfach über einen Formeleditor in NASIM bestimmbar und werden als Zeitreihe ausgegeben.
Zur Modellierung von BSB5 und Sauerstoffkonzentration wird ein Plugin in NASIM integriert, das diese Werte in Abhängigkeit von der Wassertemperatur nach Streeter-Phelps berechnet.
Die NASIM-Version mit integrierter Stoffumsetzung wird voraussichtlich Ende 2019 verfügbar sein.
Dr. rer. nat. Eva Loch, Dipl.-Math. Benedikt Rothe