Regionales Anwendertreffen Delft-FEWS 2019 – bereicherndes Forum
19.07.2019NASIM 5.0 – Release-Ankündigung
13.11.2019Urbane Sturzfluten durch Starkregen – so können Kommunen sich schützen
Meteorologen warnen davor, dass die Gefahr durch Starkregen in den kommenden Jahren zunehmen wird. Deshalb sollten Städte und Gemeinden es als ihre Aufgabe ansehen, die Gefährdungslage zu analysieren und Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Hydrotec hat dazu eine abgestufte Vorgehensweise auf Basis von hydraulischen Untersuchungen mit HYDRO_AS-2D und den jeweils vorhandenen Kanalnetzmodellen entwickelt, mit dem die gefährdeten Bereiche und die bestehenden Risiken im Stadtgebiet aufdeckt werden können. Die Simulationsergebnisse ermöglichen es den Kommunen und Anwohnern, gezielt und effektiv Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Tropische Wetterverhältnisse führten in diesem Sommer in ganz Deutschland zu heftigen Starkregenereignissen. In vielen Städten überschwemmten die Wassermassen ganze Straßenzüge; sogar Tote waren zu beklagen. Feuerwehren und Helfer waren stundenlang im Einsatz, um vollgelaufene Keller leer zu pumpen und Schäden zu beseitigen.
Wie kann eine Kommune sich auf die Starkregengefahr vorbereiten? Es gibt viele wirksame und kosteneffiziente Maßnahmen, mit denen sich Kommunen auf Starkregenereignisse und Schadensminderung vorbereiten können. Der Bau größerer Kanäle stellt nach einhelliger Fachmeinung keine sinnvolle Lösung dar.
Ein sinnvolles Schutzkonzept basiert auf den folgenden Schritten:
- Gefährdungs- und Risikoanalyse
- Risikobewertung und Festlegung von Schutzzielen
- Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen
- Risikokommunikation
Zunächst ist die Gefährdung durch Starkregen innerhalb der Kommune zu ermitteln
Folgende Fragen sind zu klären: Wohin und wie schnell fließt das Regenwasser? Wo staut sich der Abfluss? An welchen Stellen wird das Kanalnetz überstaut? Welche Gewässer treten im städtischen Bereich über die Ufer? Im Anschluss zeigt die Risikoanalyse auf, ob und in welchem Umfang durch die Überflutungen Schäden entstehen können.
Eine einfache Risikoanalyse kann sich darauf beschränken zu ermitteln, ob wichtige Infrastrukturen wie Kranken- häuser, öffentliche Gebäude oder Versorgungseinrichtungen betroffen sind. Mit einer detaillierten Risikoanalyse können auch die potenziellen wirtschaftlichen Schäden ermittelt werden.
Den absoluten Schutz vor Überflutungen gibt es nicht. Deshalb ist es wichtig, die ermittelten Risiken zu bewerten und angemessene Schutzziele festzulegen , d. h. welche Maßnahmen entsprechend Eintrittswahrscheinlichkeit oder Wasserstand sinnvoll und wirksam sind. Hier ist es ggf. sinnvoll, eine Kosten-Nutzen-Abwägung durchzuführen.
Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse ist es möglich, ein Maßnahmenkonzept aufzustellen, um die Kommune künftig wirksam vor Schäden durch Starkregen und urbane Sturzfluten zu schützen. Kommunikation mit den Bürgern ist wichtig, um ein Bewusstsein für die bestehenden Risiken zu schaffen, und auch, damit Eigenvorsorge getroffen werden kann. Die gewonnenen Informationen können beispielsweise in Gefahren- und Risikokarten dargestellt und veröffentlicht werden. Erst damit wird es möglich, Maßnahmen mit Interessensgruppen abzustimmen und potenziell Betroffene zu eigenverantwortlichem Handeln zu bewegen.
Zweistufiges Verfahren mit 3D-Geländemodell und 2D-hydraulischer Simulation
Hydrotec hat ein Modellierungsverfahren für Kommunen entwickelt. Es trägt wirkungsvoll dazu bei, die Gefährdung durch Starkregen zu ermitteln und Gegenmaßnahmen zu konzipieren.
Zunächst werden mit einem „Grob“-Modell (Screening) die gefährdeten Bereiche ermittelt. Diese werden dann mit einer detaillierteren Modellierung genauer untersucht. Das Verfahren basiert auf einem digitalen Geländemodell (DGM), das die Topografie des Stadtgebiets genau erfasst. Das Hydraulikmodell HYDRO_AS-2D berechnet den bei Starkregen entstehende Oberflächenabfluss und die zugehörigen Fließwege.
Auch Kanalnetzdaten lassen sich in das Modell integrieren. Der Niederschlag, der im Modell verwendet wird, ist zeitlich und räumlich variierbar, um Ereignisse mit unterschiedlicher Auftrittshäufigkeit realitätsnah abzubilden. Auch die
Versickerung des Regenwassers auf den nicht versiegelten Flächen kann realistisch abgebildet werden.
Stufe 1: Die Grobanalyse verschafft Überblick
Zunächst schauen wir uns die Situation vor Ort an und dokumentieren bekannte kritische Punkte. Auch Informationen der Feuerwehr oder der Stadtentwässerungsbetriebe zu vergangenen Schadensereignissen werten wir aus, denn sie liefern wertvolle Hinweise auf „Schwachpunkte“. Diese Angaben dienen zusätzlich dazu, die Ergebnisse der Modellrechnungen später mit diesen Angaben zu plausibilisieren.
Mit einem DGM für das ganze Stadtgebiet werden die bei einem Starkregen auftretende Fließwege, Mulden und Überflutungsflächen ermittelt. Dazu können wir je nach Datenlage und Vorstellungen des Kunden GIS-Werkzeuge oder das hydraulische Modell HYDRO_AS-2D einsetzen.
Mit überschaubarem Aufwand lassen sich so die Gebiete abgrenzen, die besonders gefährdet sind. Diese sind in Stufe 2 genauer zu untersuchen.
Stufe 2: Von Starkregen gefährdete Bereiche unter der Lupe
Für die detaillierte Modellierung der Gefährdungsbereiche wird ein höher aufgelöstes DGM genutzt, das auch Straßen, Gebäude, Gewässer und weitere Bruchkanten enthält. Auch maßgebliche Kanalnetzpunkte werden integriert. Die hydraulische Simulation dieser Bereiche liefert genaue Angaben über die zu erwartenden Überflutungstiefen und Fließgeschwindigkeiten.
Eine Darstellung der Simulationsergebnisse in einer 3D-Ansicht oder in einer Karte zeigt auf, welche Straßen und Gebäude überflutet werden, an welchen Stellen Wasser aus dem Kanalnetz austritt und wo das Kanalnetz Oberflächenabflüsse aufnehmen kann.
In Gefahren- und Risikokarten werden die so gewonnenen Erkenntnisse übersichtlich dargestellt. Sie dienen zur Information von Anwohnern und zur Planung von Maßnahmen.
Wirkungsvolle Maßnahmen als Kommunen planen und umsetzen
Es gibt einen ganzen Katalog von Maßnahmen zum Schutz vor Überflutungsschäden, die je nach örtlicher Situation angemessen sind. Einige Beispiele sind:
- Lokal/Objektschutz: Verwallung/Mauern, Notwasserwege
- Dezentral: Abkopplung von Dachflächen, Erhöhung von Bordsteinkanten
- Kanal: Vergrößerung des Querschnitts, druckdichte Schachtdeckel
- Zentral: Rückhaltebecken
Diese Maßnahmen lassen sich einzeln oder in Kombination in das hydraulische Modell integrieren, um sie auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Ggf. begleitend mit einer Kosten-Nutzen-Analyse wird so ein Paket von Maßnahmen geschnürt, mit denen effektiv und kostengünstig zukünftige Schäden vermindert werden.
Dr.-Ing. Oliver Buchholz, Dipl.-Ing. Fritz Hatzfeld, Dipl.-Ing. Robert Mittelstädt, Dr.-Ing. Alpaslan Yörük